Symbolbild B2B-Marketing

B2B-Marketing: 8 gute Gründe, warum ich es liebe.

Ich habe fast meine ganze Karriere im B2B-Marketing in der IT und Telekommunikationsbranche verbracht. Ich werde oft gefragt, warum mich denn B2C nicht interessieren würde. Schließlich geht es da doch um viel bekanntere Marken, größere Reichweiten und überhaupt sind die Räder doch so viel größer….

Ja, stimmt! Vielleicht ist es aber genau das, was ich so herausfordernd finde:

1. Kleine, abgegrenzte Zielgruppen im B2B-Marketing

Verkauft man im B2C Schokoriegel, ist die Zielgruppe groß. Man kann eher die Nicht-Zielgruppe definieren: Diabetiker und Kinder unter 5 Jahren – wobei letztere ja auch darauf ankommt, wie verantwortungsvoll Vermarkter sind. Klar ist es toll, dass man damit in Deutschland auf eine Zielgruppe von 70 bis 80 Mio Konsumenten schießt. Das macht ein paar mal Spaß. Dann ist mir das persönlich zu langweilig. Viel spannender finde ich es, genau zu überlegen, wer meine Produkte und Dienstleistungen denn wirklich braucht. Man muss sich in die Lage des potentiellen Käufers versetzen. Jeden Lead eben qualifizieren. Das finde ich interessant. Zumal hier eine ganze Reihe neuer Technologien helfen, zum Beispiel Technographics, die darstellen, welche Technologien der Target Account nutzt.

Account Based Marketing (ABM) ist der große Automation-Trend im B2B-Marketing. ABM ist gemacht für das Targeting auf benannte Unternehmen, weil B2C-Tools im B2B-Marketing einen viel zu großen Streuverlust generieren.

2. Erläuterungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen

Wir verkaufen Fluid Control Systems. What?! DDoS mitigation? Hä!?

Was andere abschreckt, finde ich unglaublich interessant: zuerst mal zu verstehen, was das Produkt oder die Dienstleistung überhaupt ist. Wofür braucht man das? Wer braucht das wann und warum? Das macht täglich das B2B-Marketing-Geschäft so spannend. Wenn ich ein Beratungsmandat im B2B-Marketing gewonnen habe, freut mich das daher doppelt: Neben Umsatz werde ich auch viele neue Erkenntnisse gewinnen.

Übrigens sind Fluid Control Systems Anlagen zur Messung und Steuerung von Flussmengen und -Geschwindigkeiten. DDoS-mitigation ist die Abwehr von Distributed-Denial-of-Service-Attacken auf IT-Systeme (Also grob gesprochen Versuche ein System durch Last zum Absturz zu bringen). Wieder was gelernt! Das macht Freude!

3. B2B-Kunden entscheiden weitgehend rational

Im B2B wird ein Produkt gekauft, weil es aus rationalen Gesichtspunkten dem Unternehmen hilft. Klar freut man sich auch auch, wenn der Zulieferer sympatisch und cool auftritt. Ob nun aber Zulieferer A oder B den Zuschlag bekommt, hat vor allem sachliche Gründe.

Das bedeutet für den B2B-Marketer, dass er das ganze Business-Modell des Kunden durchdringen und verstehen muss welchen Mehrwert das eigene Produkt im Business des Kunden bedeutet. Value Selling halt. Sätze wie „Wir helfen Ihnen mehr Umsatz zu machen und Kosten zu senken.“ sind dann keine Augenwischerei.

Das schöne ist dabei: Da man sich wirklich aufeinander einstellen kann, gibt es im B2B-Marketing viel öfter zwei Gewinner. Das finde ich erstrebenswert: Echten Wert für beide Seiten generieren.

4. Mehrere B2B-Entscheider müssen überzeugt werden

Schlimm genug, dass man einen Konsumenten überzeugen muss? Bei B2B-Marketing muss man meist gleich viele Entscheider überzeugen. Sollen Investitionen in Millionengröße getätigt werden, werden ganze Entscheidungsgremien zusammen gestellt. Jedes Mitglied vertritt unter Umständen sogar diametral andere Interessen.

Soll beispielsweise ein neues Collaboration-Tool angeschafft werden, ist der eine begeistert von den vielen smarten Features wie der Funktion zu sehen, ob jemand gerade anwesend ist oder nicht. Der Datenschutzbeauftragte und der Betriebsrat findet das vielleicht gerade gar nicht so toll.

Jeder B2B-Vertriebsmitarbeiter kann von solchen Geschichten ein Lied singen. Nervig? Herausfordernd! Sprich mit allen, finde Kompromisse, pass das Produkt unter Umständen etwas an. Hebe bei jedem Entscheider das für ihn relevanteste hervor (Personalisierung). Beim Account Based Marketing lässt sich die Message auf das Unternehmen und auf die Persona personalisieren.

Bei jedem Kunden kann man hier einzeln kreativ Lösungen finden. Dazu ist es gar nicht so uninteressant, die verschiedenen Perspektiven auf ein und das gleiche Produkt einzunehmen.

5. Deutlich geringere Anzahl von Transaktionen

Ein Hersteller einer Getränkeabfüllanlage verkauft eben nicht täglich viel Anlagen. Vielleicht wird monatlich ein Abschluss getätigt. Dafür aber eben für viele Millionen Euro. Das heißt aber auch, dass es sich lohnt, sich wirklich mit dem Kunden zu beschäftigen. Ihn zu verstehen und das Angebot zu individualisieren.

6. B2B: Kleine Marketing-Budgets bei großer Messbarkeit

„Wir haben wieder eine TV-Kampagne geschaltet, die in der Pause aller Bundesligaspiele ausgestrahlt wird. Was denkst du, was das gekostet hat?“ Ich will es eigentlich gar nicht wissen. Ich muss sofort an den Marketing-ROI denken und kann nicht glauben, dass der positiv ist.

Beim B2B-Marketing ist der Erfolg viel messbarer. Ob ich das Budget auf die richtigen Felder gesetzt habe, erfahre ich ziemlich genau. Das kann auch mal weh tun. Das ist aber vor allem eine Gelegenheit täglich besser zu werden.

Habe ich meine Messstrecken entlang des Funnels erst einmal aufgebaut und erste Maßnahmen etwabliert, wird gemessen. Welcher KPI für mich der relevanteste ist? Reichweite? Traffic? Anzahl Leads? Conversion? Brand Value? Nein! Gewinn und damit der Marketing ROI! Am Ende zählt für das Unternehmen, ob es Gewinn macht oder nicht. Was bringt es, viele Besucher auf die Website gebracht zu haben oder viele Leads an den Vertrieb übergeben zu haben, wenn am Ende kein Gewinn erwirtschaftet wird? Also gilt es das perfekte Gleichgewicht zwischen Marketing-Invest und Umsatz zu fördern.

Eine gesunde Einstellung zum Messen und Testing im Marketing bringt auch oft völlig überraschende Ergebnisse. Einen kleinen Teil des Budgets investiere ich daher gerne auch in Maßnahmen, bei denen ich nicht wirklich das Ergebnis vorhersehen kann. Klappt es, wird skaliert, klappt es, versuche ich etwas neues. Das darf man sich natürlich nur mit einem kleinen Teil des Budgets leisten – vielleicht 5%.

Account Based Marketing eignet sich fürs B2B-Marketing so hervorragend, weil es genau dafür gemacht ist. Streuverluste werden gering gehalten, denn Streuverluste kosten Geld. Gezielt ausgerichtete Kampagnen haben deutlich höhere Conversion-Raten. Ist der Invest kleiner , die Conversion-Rate und die Lead-Qualität höher ist der Gewinn auch höher. Und so haben die KPIs dann doch etwas miteinander zu tun.

7. Bedarf kann im B2B nicht stimuliert werden

Ihr verkauft jetzt also mehr Schokoriegel, weil die gut aussehende Prominente im TV-Spot sie isst (und vermutlich sofort auf Toilette verschwindet, nachdem die Szene gedreht ist, um ja ihre Figur nicht zu ruinieren)? Seitdem ihr spaßigere Farben in eurem Marketing-Material verwendet, wird mehr konsumiert? Die Emotionen haben den Konsum stimuliert?

Der Konsument braucht euer Produkt ja gar nicht. Ihr verkauft es ihm trotzdem. Ja, das ist auch eine Leistung. Herzlichen Glückwunsch! Aber nicht meine Welt!

Im B2B-Marketing verkaufe ich Produkte, die gebraucht werden. Braucht der Kunde sie nicht, muss ich auch nicht versuchen, sie ihm zu verkaufen. Aber manchmal benötigt der Kunde die Produkte ohne es zu wissen. Ich muss erkennen, welcher Kunde Bedarf hat. Ich muss Intent-Signale beobachten. Danach muss ich Ihm erklären, was mein Produkt ist und welchen (wirtschaftlichen) Mehrwert es für den Kunden hat. Again: Value Selling.

Plattformen für Account Based Marketing beobachetn Intent-Signale. Zum Beispiel ist ein erhöhtes Suchvolumen von Mitarbeitern einer Firma zu einem bestimmten Thema ein hervorragendes Intent-Signal, das zeigt, dass das Unternehmen Bedarf an einem Thema hat. Oder das einfachste Intent-Signal: die Besucher Ihrer eignen Website werden erkannt mit der Website-Besuchererkennung.

8. B2B-Marketing ist unterrepräsentiert

B2B-Marketing ist überhaupt nicht im Fokus der Marketing-Branche. Ein Blick auf die Agenda der großen Konferenzen und Messen im Marketing-Bereich reicht: 95% B2C.- und 5% B2B-Marketing. Nicht zuletzt finde ich aber B2B-Marketing gerade deshalb so spannend, weil sich deutlich weniger Menschen damit beschäftigen. Diese wenigen sind aber meist sehr kompetent. Wenig Hype um sachlich großes Business!

Zig Marketing-Automations eignen sich so auch bestens für B2C-Marketing. Die Anzahl von DSGVO-konformen Plattformen für Account Based Marketing sind aber gering.